DRGM Nr. 311536. Vorrichtung zum Einschießen von Gewehren. Albert Preuß, Charlottenburg, Mommsenstr. 66. 13.05.07 P. 12391
Preuß’sche Schießmaschine
Zum genauen Einschießen von Büchsen ist es durchaus erforderlich, dass jeder Abkommenfehler vermieden wird.
Man muss einen Unterschied zwischen Zielfehlern und Abkommenfehlern machen. Unter Zielfehlern versteht man falsches Kornnehmen und fehlerhaftes Anvisieren. Diese Fehler dürfen bei einem guten Schützen nicht vorkommen, nur wenn sie in der Beleuchtung etc. ihre Ursache haben, sind sie entschuldbar.
Abkommenfehler sind solche Fehler, welche trotz vorher genauen Zielens unmittelbar vor oder beim Abdrücken entstehen, und zwar durch eine geringe Schwankung, wie sie durch den Pulsschlag, das Atmen oder sonst eine an sich geringfügige Ursache hervorgerufen werden können. Es ist eine bekannte physiologische Erscheinung, dass sich schnell aufeinander folgende Eindrücke verwischen, dass sie, ohne dem Menschen zum Bewusstsein zu kommen, ineinanderfließen. Die praktische Nutzanwendung dieser Erscheinung finden wir beim Stroboskop und dem Kinematographen.
Welche Zeitabschnitte nun für einen Schützen erforderlich sind, den letzten Eindruck vor der Schussabgabe zu seinem Bewusstsein zu bringen, ist ganz individuell. Deswegen kann ein Schütze den Schuss mit „gut abgekommen“ ansagen, während ihn ein anderer, dem sich noch ein kurzer späterer Moment einprägt als „schlecht abgekommen“ bezeichnen würde. Auf diesen individuellen Erscheinungen beruht zum großen Teil die Sicherheit im Büchsenschießen.
Beim Einschießen von Büchsen müssen Fehler dieser Art ausgeschlossen werden, sie können aber nicht ganz ausgeschaltet werden, so lange das Gewehr den Einflüssen der persönlichen Störung nicht vollständig entzogen ist. Die Haltung des Gewehres beim Aufgelegtschießen ist nur scheinbar völlig ruhig, in Wirklichkeit bedingt das Atmen, der Pulsschlag etc. doch Schwankungen, wenn auch geringer Art, die nicht zu vermeiden sind.
Aus diesen Erwägungen ergab sich die Konstruktion von Schießmaschinen.
Die Schießmaschinen sind meist aus Eisen, das Gewehr wird eingeschraubt, Höhenund Seitenrichtung werden durch entsprechende Schraubenspindeln genommen. Die Erfahrung lehrt aber, dass die Treffpunktlage ganz wesentlich von der Stützlage des Gewehres beeinflusst wird, dass man freihändig und von der Schulter anders schießt als mithilfe der Schießmaschine, und zwar in erster Linie deswegen, weil dem unvermeidlichen Rückstoße sich verschiedenartige Hindernisse bieten. Wird das Gewehr durch Bestandteile der Maschine selbst belastet, so wird die Treffpunktlage entschieden verändert. Und unter diesem Nachteil leiden alle bisherigen Schießmaschinen, die, nebenbei bemerkt, auch recht teuer sind, 1.000 bis 3.000 Mk. kosten.
Preuß’sche Schießmaschine
Die vorliegende Preuß’sche Schießmaschine (s. Abb.) besitzt alle diese Nachteile nicht. Die Maschine ist mit Ausnahme weniger Teile ganz aus Holz gefertigt. Das Gewehr liegt mit der Kappe an einem weichen Kissen auch Schwammgummi, welches den Rückstoß auffängt, sodass der Schütze, der sich wie beim normalen Anschlage mit der Schulter gegen die hintere Stütze lehnt, selbst bei allerstärksten Ladungen nur einen ganz geringen Druck verspürt.
Das Gewehr liegt vorn auf einem weichen Federkissen. Zum Nehmen der Seiten- und Höhenrichtung wird das hintere Hebelende der Stütze mit der linken Hand gesteuert, während die rechte Hand den Kolbenhals normal umfasst. Am hinteren Ende des Hebels ist eine Schraubenspindel, welche aber nicht zur genauen Einstellung der Höhenrichtung benutzt werden soll – obwohl es sehr gut angängig ist –, sondern nur zur bequemen Handhabung, damit man die linke Hand auf der Maschine ruhen lassen und dennoch die Höhe leicht regulieren kann.
Der Hebel ist vorn in einem Gelenke horizontal und vertikal drehbar. Während die Länge des ganzen Hebels etwa 72 cm beträgt, ist das Gewehr auf etwa 12 cm vom Drehpunkte entfernt gestützt, sodass der Hebelarm der Kraft sechsmal länger ist als der Hebelarm der Last. Daraus ergibt sich, dass jede mit der linken Hand ausgeführte Korrektur sich beim Gewehr auf 1/6 reduziert, ganz abgesehen davon, dass Vibrationen durch den langen Hebel überhaupt aufgehoben werden.
Zur Vornahme größerer Höhenkorrekturen kann man entweder den Drehbolzen des Hebels, dessen Höhenlage regulierbar ist, herausziehen oder aber die Gewehrstütze herausschrauben, ganz nach Belieben. Die grobe Seitenrichtung nimmt man durch Verschieben des ganzen Gestells.
Die Schießmaschine kann auf jeden Tisch gelegt werden.
Ein großer Vorzug dieser Maschine ist auch der, dass Kipplaufgewehre zum Zwecke des Ladens nicht herausgenommen werden müssen, man braucht nur den Riemen am Schaft, welcher das Gewehr gegen Herausfallen schützt, genügend lang zu schnallen.
Die Vorzüge der neuen Schießmaschine zeigen sich am besten, wenn man mit einem Gewehre mit Zielfernrohr zielt. Hat man das Gewehr eingerichtet, und hält man es in dieser Lage, so kann man sich ruhig aufrichten, den Kopf abwenden und dergleichen mehr, die Lage des Gewehres bleibt unverändert.
Die Schießmaschine ist schon seit längerer Zeit in der Versuchsstation Neumannswalde im Gebrauch und wird jetzt ausschließlich zum Einschießen benutzt. Mit einer Doppelbüchse Kal. 9,3 mm, welche am 26. August auf Wunsch eines Fabrikanten auf 450 m Entfernung geschossen wurde, betrug bei 10 Schuss hintereinander ohne Anzeigen, und zwar über Visier und Korn (also ohne Zielfernrohr), die Streuung nach der Höhe 32,5 cm, nach der Breite 21 cm, wohingegen in der Schießvorschrift für Infanterie die Leistung des Infanteriegewehrs mit S-Munition bei gleicher Entfernung mit 56 cm Höhen- und 45 cm Breitenstreuung angegeben wird. Diese Leistung spricht nicht nur für eine hervorragende Trefffähigkeit des Gewehres, sondern auch für die Vorzüge der Schießmaschine.
Die Versuchsstation Neumannswalde bei Neudamm.